Gin

Gin ist in.

    Wie aus Genever -> Gin wurde.

    Die Wurzeln des Gins liegen weit zurück. Das englische Nationalgetränk mit holländischem Ursprung hat Höhen und Tiefen erlebt. Was zuerst als Wunderwaffe gegen die Pest half, führte im 18. Jahrhundert zur Regierungskrise Großbritanniens. Im zweiten Weltkrieg wurde der Genuss wiederentdeckt, woraufhin der Wodka sich breit machte und den Gin in den Hintergrund drängte. Heute feiert er sein Comeback mit unzähligen Vertretern und faszinierendem Einfallsreichtum.

    Wacholder in Zeiten der Pest

    Den Wacholderbeeren wurden schon seit der Antike heilende Kräfte nachgesagt. Nieren-, Leber- oder Magen-Darm-beschwerden wurden mit gebrannten Beeren behandelt. Im 14. Jahrhundert brachte die Pest in Asien und Europa ihr Verderben. Man behalf sich der unbewiesenen Wirkung der Wacholderbeeren, um sich vor dem "Schwarzen Tod" der Pest zu schützen. Große Wacholderfeuer sollten die Luft reinigen und die Krankheit fernhalten. 

    Vom Genever...

    Als die Pest verflogen war, wandte man sich von der medizinischen zur genüsslichen Seite des Wacholders zu. Nachdem um 1500 die Getreidedestillation möglich war, entwickelten viele europäische Länder nationale Spirituosen: Wodka in Russland, Whisky in Schottland, Brandy in Spanien und Cognac in Frankreich. In Belgien und Nordfrankreich begann man, den Kornbränden Wacholderbeeren zuzusetzen.  Daraus entstand der für die Niederlande typische Genever oder Jenever.

    ...zum Gin

    1618 brach der Dreißigjährige Krieg aus. Drei Jahre später der Spanisch-Niederländische Krieg, weshalb englische Truppen auch auf niederländischer Seite kämpften. Die Legende  besagt, dass die niederländischen Truppen sich mit Genever buchstäblich Mut angetrunken haben, was unter den englischen Soldaten als "Dutch Courage" namentlich wurde. Die englischen Kriegsmänner nahmen den Genever gleich mit nach Hause, wo er binnen kürzester Zeit bekannt wurde. Es hat nicht lange gedauert, bis der holländische Schnaps in London kopiert wurde und durch angelsächsische Verkürzung wurde der einsilbige Gin.

    "The Gin Craze" - Der Gin-Wahn

    Eine Amtshandlung von König Wilhelm III. war die gesetzliche Förderung der Destillation. So wurde die Destillation von Getreide steuerlich so gut wie freigestellt. Das Land wurde überschwommen von Gin, der bald von allen nur noch gesoffen wurde. Königin Anne, Nachfolgerin von König Wilhelm III., versuchte mit einer Deregulierung der Produktion den Konsum einzudämmen. Es kam aber noch schlimmer, denn von nun an beherrschte der Schwarzmarkt das Land. Giftiger Fusel wurde verbreitet und die Menschen starben daran. Chaos brach aus, im ganzen Land. Die Politik sah sich gezwungen einzugreifen. Zwischen 1729 und 1751 sollten fünf Gesetze, die sogenannten "Gin Acts", den Gin-Konsum einzudämmen und damit den "Gin Craze" zu beenden.

    Die High-Class

    Nachdem Gin-Krise in England ihr Ende nahm, entstanden immer professionellere Destilliationsindustrien. Aufgrund der weiter voranschreitenden Technik, wurde es im 19. Jahrhundert möglich, qualitativ hochwertigen Gin ohne Zugabe von Zucker herzustellen. Aus dem mit Zucker gesüßte "Old Tom Gin" wurde der "London Dry Gin" geboren. Die Gin-Herstellung wurde auch durch die verbesserten politischen und rechtlichen Rahmenbedingungen salonfähig.

    Al Capone und die Prohibition

    1920 begann in den USA die Prohibition, mit dessen Hilfe der Konsum von Alkohol in Amerika eingedämmt werden sollte. Ziel war auch die Verringerung der Kriminalität. Aber der Schuss ging nach hinten los. Al Capone verdankte der Prohibition seinen Aufstieg und seine Beliebtheit. Ihm gelang es, Alkohol ins Land zu schmuggeln, welcher dann in sogenannten "Speakeasies", illegalen Flüsterkneipen, ausgeschenkt wurde. Auch minderwertiger Gin machte seine Runden, der oft in Badewannen zusammengepanscht wurde.  Der echte englische Gin wiederum machte seine Reise über Kanada und von dort aus in die USA. Getarnt als The Real McCoy, der sich vom Schmuggler Bill McCoy ableitete, machte der gute Stoff seine Wege.

    Gin ist in

    Der russische Wodka war im 20. Jahrhundert der stärkste Konkurrent des Gins. Auf der Beliebtheitsskala nahm der Wodka den ersten Platz ein. Bis Ende der 1980er Jahre darbte der Wacholderschnaps vor sich hin - bis der neue "Bombay Sapphire" mit seiner blauen Flasche und exotischen Aromatik begeisterte. In den 90ern begann eine Renaissance der Cocktailkultur und man feierte in den darauffolgenden zwei Jahrzehnten ein Comeback der Wacholderspirituose von Berlin bis New York. Heute ist Gin wieder so angesagt, wie nie zuvor. Man könnte fast meinen, man befinde sich inmitten eines neuen Gin-Wahnsinns...

    Kategorien